Senioren-Amateur-Reiter-Cup 2011

Zugegeben, es gibt Momente, da frage ich mich, welcher Teufel uns eigentlich geritten hat, als wir beschlossen, all unser Geld und unsere Freizeit zu investieren, um selbst irgendwelche kleinen Teufel zwischen Zirkelpunkt und Mittellinie hin- und her zu reiten.

Ein Samstag, an dem um 6:00 Uhr der Wecker klingelt und mich der Hamburger Regen am Fenster rhythmisch beim Kaffeekochen begleitet, ist so ein Moment. Andere in meinem Alter kommen um diese Uhrzeit von irgendwelchen fulminanten Partys zurück und verbringen den Rest des Wochenendes in Erinnerungen schwelgend auf dem Sofa. Ich schlüpfe in Gummistiefel, setze ein Cap auf und gehe auf eine Party der etwas anderen Art.

"Senioren-WAS?" fragte ich meine Reitbeteiligung Marlis, als sie mir zum ersten Mal vom SAR-Cup erzählte. Und so bekam die kleine Turnierrunde schnell den Kosenamen "Ü-40-Party". Marlis hatte sich in den Kopf gesetzt, mit meiner Stute Gioia in der Saison 2011 die mittlere Tour in der Dressur mitzureiten. Und so gab es im vergangenen Jahr einige Momente, in denen ich samstags oder sonntags morgens den Kopf schüttelte und mich fragte, warum in aller Welt wir uns dieses Hobby ausgesucht haben.

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Zwei unserer engagierten Seniorinnen, Marlis Schwanzer mit
Gioia de Vivere (vorne) und Karen Meyer mit Gardasee (hinten)

Spätestens, wenn mir in Marlis' Auto der Duft ihrer berühmten Pizzabrötchen in die Nase weht, weiß ich es doch. Weil dieser Tag nur uns gehört. Niemand nörgelt, dass die wichtigste Literatur heute keine Bestseller-Liste anführt, sondern im Aufgabenheft steht. Keiner beanstandet, dass wir vielleicht nicht den kürzesten Weg gefahren sind (aber ja doch ankommen). Keiner stolpert darüber, dass Marlis zwischenzeitlich aufgeregt ist wie eine Zwölfjährige - Ü-40 hin oder her. Es ist unser Pferdemädchen-Tag.

Apropos Pferdemädchen - die Spezies "ehrgeizige Mütter" taucht auf diesen kleinen Turnieren zum Glück nicht auf. Ein Abreiteplatz ohne "Cassandra, jetzt nimm endlich die Zügel kürzer und die Hacken runter!"-Gebrüll. Herrlich! Und das ist nur einer von vielen Vorteilen: die Startfelder sind klein, die Truppe kennt sich. Die Auswahl an Parkplätzen, in die man das Gespann vorwärts ein- UND auch wieder ausparken kann, ist meist riesig. Und irgendwer hat bestimmt immer eine Flasche Sekt dabei. Ob auf einen reiterlichen Erfolg oder zum Trost angestoßen wird, ist dann irgendwann gar nicht mehr so wichtig.

Gioia sorgte in dieser Saison für beide Anlässe. Einige Prüfungen ließen mich vor Stolz fast platzen, andere - na ja, Schwamm drüber. Am Ende hatten wir acht L-Platzierungen zusammen gesammelt und so wurde Marlis in der Gesamtwertung der mittleren Tour Zweite - Vize-Ü-40-Party-Meisterin!

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Marlis und Katharina auf der Siegesfeier im Jan. 2012

Eine Medaille und ein Set extrem schicker Bandagen zeugen von der festlichen Ehrung Ende Januar in Neumünster. Die Bandagen haben für uns Symbolcharakter: aufgrund einer Verletzung muss Gioia bereits seit knapp vier Monaten pausieren und wird leider auch in dieser Saison nicht mit an den Start kommen. Doch eines Tages wird sie ihre Vize-Meister-Kniestrümpfe wieder anziehen können und mit Marlis durchs Viereck steppen, da bin ich ganz sicher. Bis dahin wird Marlis zwei Youngsters an die Ü-40-Party gewöhnen. Und versprochen, den einen oder anderen Samstagmorgen werde auch ich wieder viel zu früh aufstehen und beim Duft von Marlis' Pizzabrötchen wissen, warum.

Katharina Köster